Was ist ein sogenannter Zungenfehler? Hierbei streckt das Pferd seine Zunge seitlich oder vorne aus dem Maul heraus. Dieses Verhalten ist entweder dauerhaft oder das Pferd zeigt die Zunge nur zeitweise. Häufig spielen Pferde auch mit ihrere Zunge, ziehen sie hoch oder legen sie unter Umständen sogar über das Gebiss.

Unterscheiden lernen

Als Reiter eines Pferdes mit Zungenfheler gilt es zuerst herauszufinden ob es sich um ein neues Problem handelt oder es sich bereits manifestiert hat. Bei ersterem ist schnelles Handeln gefragt!

Meiner Erfahrung nach hilft es gerade bei jungen Pferden, die dieses Verhalten neu und nur ab und zu zeigen, erst mal einen Schritt zurück zu gehen. Möglicherweise war das Pferd überfordert und hat so seinen Unbehagen zum Ausdruck gebracht. Junge Pferde haben häufig viele verschiedene Phasen, dessen muss man sich als Reiter unbedingt bewusst sein. Gerade wenn Pferde einen Wachstumsschub haben kann es zu „Tiefs“ kommen. Diese äußern sich zum Beispiel daran, dass das junge Pferd sich in dieser Zeit weniger ausbalanciert und rittig zeigt als gewohnt. Man sollte auf keinen Fall einfach weiter trainieren nach dem Motto: „Da muss der jetzt durch“. Denn genau diese Überforderung, kann ein junges Pferd dazu führen mit einer negativen Angewohnheit wie dem Zungenfehler zu beginnen.

Anders sieht es aus wenn das Pferd sich dieses Zunge strecken bereits fest angewöhnt hat. Hier ist vor allem eins gefragt: Geduld und einen guten Spürsinn! Zeigt ein Pferd während dem Reiten ist dies oft ein Zeichen von Unwohlsein. Dies könnte das ein Ergebnis von falscher oder zu starker reiterlicher Einwirkung sein. Es können aber auch gesundheitliche Probleme seitens des Pferdes sein. Rückenprobleme, oder Schmerzen im Bewegungsapparat sind hierbei nur zwei Bespiele die ein Auslöser sein können. Die Ursache für bereits angewöhnte Zungenfehler sind häufig schwer zu finden und stellen sich meist als Sisyphusarbeit heraus. Am Besten ist es das Pferd genau zu beobachten wann es die Zunge zeigt. Hierbei hilft eine zusätzliche Person vom Boden aus, Videoaufnahmen aber auch Spiegel in der Reithalle.

Man sollte außerdem beobachten ob das Problem mit dem Zungenfehler nur beim Reiten auftritt oder auch an der Longe. Beobachte in welchem Moment dein Pferd dieses Verhalten zeigt. Bei angenommenen Zügel, wenn der Zügel durch hängt, bereits während der Lösungsphase oder erst wenn du an die versammelnde Arbeit gehst? Beobachte auch zu welcher Seite dein Pferd die Zunge zeigt oder streckt. All das können wertvolle Hinweise sein. Fernab dieser Analyse gilt: ist die Ausrüstung die richtige Wahl für mein Pferd?

Es ist zu empfehlen mehrere Reithalfter und Gebisse auszuprobieren. Eventuell wäre eine Trense die nicht auf die empfindlichen Nervenbahnen des Pferdes drückt besser geeignet! Ich habe hier sehr gute Erfahrungen mit dem Micklem von Horseware gemacht.

Eine Überprüfung des Sattel sollte ebenfalls stattfinden um Rückenprobleme die aufgrund eines unpassenden Sattels ausgelöst werden zu vermeiden. Bedenke auch, dass ein zu stark fest gezurrter Sattelgurt auch zu Unbehagen beim Pferd führen kann! Vielleicht wäre ein Gurt mit einer breiteren Auflagefläche besser geeignet? Ich empfehle Mondgurte aus Leder von der Firma Kieffer.

Wenn hier alles in Ordnung ist sollte man unbedingt einen Tierarzt zu Rate ziehen. Dieser sollte Maul und den Bewegungsapparat kontrollieren.

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Rittigkeit und Durchlässigkeit überprüfen und verbessern

Wenn weder physische Gründe noch die Ausrüstung als Ursache für den Zungenfehler auszumachen sind, ist es vielleicht eine grundsätzliche Sacher der Rittigkeit und Durchlässigkeit. Hierbei sollte quasi noch einmal ganz von vorne begonnen werden. Ist das Pferd noch jünger kann man durchaus nach einer mehrmonatigen Koppelpause quasi einen „Resetknopf“ drücken. Wird das Pferd nun langsam wieder angearbeitet rate ich wirklich von vorne zu beginnen. Longieren, erst ohne dann mit Sattel. Nur kurze Sequenzen arbeiten dafür regelmäßig uns die Longiereinheiten mit Stangearbeit abwechseln und ergänzen. Vielleicht hat man auch die Möglichkeit das Pferd als Handpferd mit ins Gelände zu nehmen. Durch Training im Gelände ohne Reitergewicht erlernt das Pferd hier wichtige Trittsicherheit und Balance die es auch später unter dem Reiter benötigt. 

Bei der Arbeit unter dem Sattel sollte man dem Pferd viel Zeit geben. Korrektes vorwärts/abwärts reiten bei fleißig abfußendem Hinterbein verbessert die Rückentätigkeit. Rückenverspannungen können häufig der Auslöser für eine Zungenproblem sein. Weiterhin sollte durch viel Übergänge und Überstreichen die Selbsthaltung verbessert werden um das Pferd leichter am Gebiss zu haben und so für das Pferd den Druck aufs Gebiss so angenehm wie möglich zu machen. Häufig legen Pferde durch Verbesserung der Durchlässigkeit und Balance dies Angewohnheit ab.

Auch die natürliche Schiefe des Pferdes kann eine Rolle spielen. Pferde haben mal mehr mal weniger eine hohle und eine schiefe Seite. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Pferde an dem inneren Zügel auf dem ihre hohle Seite ist nicht gerne Verbindung herstellen. Stellt der Reiter nun diese Verbindung her zeigt das Pferd aufgrund von Unwohlsein die Zunge.

Beispiel: Angenommen mein Pferd ist auf der linken Hand extrem nach innen gestellt ohne das ich überhaupt einwirken muss, dann ist es links hohl. Demnach wirst du viel Druck auf deinem rechten Zügel haben, da dein Pferd ja den Druck am linken Zügel meidet. Versuche dein Pferd vorsichtig nach und nach mehr an den linken Zügel heranzutreiben. Lektionen wie Renvers und Schulterherein können, korrekt geritten, deinem Pferd hier sehr helfen und es Geraderichten. Durch diese vorsichtige Korrektur und dem Ausgleich der natürlichen Schiefe konnte ich bei einigen Pferden mit Zungenfehlern sehr gute Ergebnisse erzielen.

Als Reiter gilt eins: Ruhe bewahren!

Wie der Reiter reagieren sollte, wenn das Pferd die Zunge zeigt, hängt von den Umständen ab. Bei einem bestehenenden Probelm muss man unterscheiden, ob der Reiter das Pferd durch seine Einwirkung dazu bringen kann, die Zunge wieder ins Maul zurückzunehmen. Manchmal kann ein leichtes Stellen reichen. Gerade auf der schiefen Seite kann ein verbessern der Innenstellung ohne das Pferd am inneren Zügel halten zu müssen Besserung bringen. 

Anders sieht es allerdings aus wenn das Pferd sich von reiterlicher Einwirkung nicht beeinflussen lässt. Man sollte das Problem dann schon im Auge behalten. Sich aber davon nicht verrückt machen lassen! In dieser Situation ist es die bessere Wahl das Problem außer Acht zu lassen und an der Rittigkeit zu arbeiten als ob nichts wäre. Hier gilt es langfristig zu denken und in Ruhe an Durchlässigkeit und Kraft zu arbeiten. Es kann Jahre dauern bis man diese stärker ausgeprägte Form des Zungenfehlers in den Griff bekommt.

Pferde die etwas stärker in der Anlehnung sind können dieses Verhalten ablegen wenn sie anfangen sich mehr zu tragen und leichter am Zügel werden. Aber auch wenn Pferde die nicht an den Zügel herantreten beginnen eine gleichmäßige Verbindung zur Reiterhand erlernen.

Fazit: Will ich einen Zungenfehler beheben, geht es vor allem darum, an der Basis zu arbeiten und darum, das Pferd reell zu gymnastizieren. 

Den Nasenriemen enger zu schnallen bringt nichts!

Zugeschnürte Mäuler durch zu engverschnallte Nasenriemen können sogar der Auslöser für den Zungenfehler sein. Gebiss und Zaumzeug sollten unbedingt passend ausgewählt und eingestellt werden! Die Zunge besteht aus 90% Muskelgewebe und kann sehr unterschiedlich ausfallen: dick und flach, breit und schmal. Auch die Anatomie der Unterkieferlade spielt eine Rolle bei der Gebiss- und Trensenauswahl.  

Wenn die Zunge sehr kräftig ist liegt sie ohnehin schon näher Oberkiefer. Schnalle ich dem Pferd dann auch noch ein dickes Gebiss ins Maul, kann es passieren, dass dieses an den Gaumen drückt, sobald das Pferd die Zunge anspannt. Schiebt das Pferd dann die Zunge aus dem Maul, gewinnt es an Platz. Das Zunge herausstrecken erfüllt dann aus der Sicht des Pferdes seinen Zweck. Ein zu weites Gebiss hingegen führt häufig dazu, dass die Zunge im Maul nach links oder rechts gedrückt wird. Dadurch ensteht einseitiger Druck auf das Zungenbein und auf die jeweilige Seite des Kiefergelenks. Das Ergebnis ist unter anderem eine unterschiedlich ausgeprägte Muskulatur im Hals-Genick-Bereich. Es kann zu Verspannungen und Schmerzen kommen. Auch hier kann das Pferd sich durch das Herausstrecken der Zunge Erleichterung verschaffen. Manchmal kann das sich dabei nur um ein paar Millimeter handeln. Punktueller Druck stört nicht solange der Zügel durchhängt, aber sobald er angenommen wird, ist es fürs Pferd äußerst unangenehm. Demnach muss das Gebiss egal in welcher Sparte ideal passen!

Dasselbe gilt für den Schliff der Zähne. Manchmal enstehen Zungenfehler, weil die Verschiebung zwischen Ober- und Unterkiefer nicht funktioniert, weil die Zähne nicht korrekt geraspelt wurden. Dann lastet auf einem Kiefergelenk mehr Druck als auf dem anderen. Das wiederum führt zu einer Kettenreaktion von Verspannungen, die wiederum dem Pferd Schmerzen bereiten und dann zum Zungenfehler führen. Ganz zu schweigen von Haken, Wolfszähnen und anderen störenden Zahnbildungen, die das Zahnfleisch oder die Zunge verletzen könne. Deshalb sollte man unbedingt regelmäßig einen Tierarzt in das Maul des Pferdes schauen lassen.

Gebisse und Hilfsmittel

Gebisse mit beweglichen Mittelstücken, bei denen dieses aus einem anderen Material beseht sollen die Kautätigkeit anregen und sind LPO-konform, dürfen also auf dem Turnier genutzt werden. Ein Zungenstrecker ist in der Dressur verboten, im Springen ab Klasse M** erlaubt. Ein Zungenstrecker behebt aber rein das Symptom, nicht aber die Ursache! Stangengebisse mit Zungenfreiheit werden zur Korrektur für Pferde mit Zungenfehlern angeboten. Aber auch diese sind auf dem Turnier in der Dressur verboten (außer als Kandare).